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Stoller Grund – Opas neue Gedenkstätte

Heyyyyy -Sturm oder Flaute-
Leser, Leserinnen, Follower, Liker, Freunde, Familiemitglieder, Neue…
Wie schön, dass ihr (wieder) da seid♥

Vor ein paar Wochen saßen Jessi und ich mit unseren Freunden zusammen und wir überlegten, ob wir es wohl diese Saison noch einmal schaffen können, gemeinsam einen Törn zu unternehmen. Ziemlich schnell wurde das Wochenende Anfang Oktober ausgewählt, ein verlängertes Wochenende-COOOOOL!
Jessi organisierte ihre Dienste auf der Arbeit etwas um, Steffi hat gerade noch Semesterferien und tauschte einen Dienst bei ihrem Nebenjob. Robert hatte eh schon Urlaub geplant und musste somit nichts extra organisieren. Jan nahm sich auch zwei Tage Urlaub und ich arbeite gegen Ende der Woche im Moment eh immer im Homeoffice. Ich habe also in den Wochen davor etwas vorgearbeitet und konnte mir die zwei Tage auch frei nehmen.

Bei den Vorbereitungen fiel mir irgendwann auf, dass wir an dem 24. Todestag von meinem Opa los segeln werden.
Nicht, dass ich in den vergangenen Jahren oft an seinem Grab war, aber ich denke sehr oft an ihn. Immer noch. Und besonders beim Segeln.

Bild bei Google gefunden

Wie sich vielleicht manche von euch erinnern, meine Leidenschaft für’s Segeln habe ich (wahrscheinlich) von meinem Opa geerbt.

Technische Details
Länge über alles 395 cm
Breite über alles 164 cm
Tiefgang ?
Gewicht ca. 110 kg
Segelfläche 9 qm / 10,5 qm
Personenzahl 3

Bild bei Google gefunden

Er hatte eine Jolle, eine Gipsy… 5,10 meter. Ich erinnere mich gut an die Jolle, wie sie auf dem Trailer vor dem Wohnwagen meiner Großeltern steht.
Wir waren immer von März bis Oktober jedes Wochenende und alle Ferien auf einem Campingplatz an der Schlei. Es war mein zweites Zuhause. Meine Eltern hatten mit mir und meinem Bruder einen eigenen Wohnwagen und Platz und meine Großeltern auch. Zusätzlich waren da noch viele Freunde mit auf dem Campingplatz. Das war echt schön…
Ja und da hatte mein Opa immer seine Jolle mit. Regelmäßig ging er mit ihr aufs Wasser. Manchmal ging mein Vater mit an Bord, manchmal ein Mädchen aus unserem Freundeskreis, die älter war als ich, andere Freunde oder er allein. Ich war nie mit ihm segeln gewesen. Ich finde es eigentlich ziemlich schade, kann es aber etwas verstehen. Ich war 6,5 Jahre alt, als er starb. Und ein so junges Kind nimmt man eher ungern mit auf ein Boot, welches öfter mal von einer Böe zum Kentern gebracht wird. Klar trägt das Kind eine Schwimmweste, aber du kannst es ja nicht anbinden, um es vor dem Wegtreiben zu sichern… Nein das ist einfach viel zu gefährlich… Andererseits gibt es im Sommer ja auch schwachwindige Tage und da könnte ich es mir durchaus vorstellen, mit einem Kind auf einer Jolle zu segeln… Aber da habe ich eigentlich zu wenig Jollen- Erfahrung, um es einzuschätzen. Und wer weiß, ob meine Eltern das erlaubt hätten…
Naja, also war ich mit meinem Opa nie segeln, bevor er starb. Danach war ich oft mit Annika, meine damals beste Freundin, bei ihrem Opa an Bord. Ein wundervolles Boot, namens Lady. Ich weiß nicht mehr welcher Bootstyp das war, ich erinnere mich eigentlich nur noch daran, wie wunderschön sich das Teakdeck unter den nackten Fußsohlen anfühlte. Wie wir bei ihm im Cockpit eine Dose Isolight tranken, er auf seiner Gitarre spielte und wir gemeinsam sangen. Ab und zu nahm er uns mit zum Segeln, das war immer ein wahnsinnig aufregendes Abenteuer
Wenn ich mir es genau überlege (und das fällt mir gerade beim Schreiben so auf), dann habe ich meine Leidenschaft vielleicht nicht nur von meinem eigenen Opa, sondern auch von Annikas Opa…
Diese Vorstellung finde ich eigentlich auch ganz schön… Ich hatte eh ein bisschen das Gefühl, dass er mein Opa-Ersatz ist und nannte ihn einfach auch Opa.
Ja aber warum steht in der Überschrift nun etwas von neuer Gedenkstätte für meinen Opa?!
Mein Opa wurde auf einem Friedhof beerdigt. Und es ist ja so, dass so ein Grab eine gewisse Laufzeit hat, 25 Jahre. Dann muss man es entweder verlängern und weiter pflegen, oder es wird wieder geöffnet, Überreste entnommen und dann kommt die nächste Kiste da rein. (Ziemlich makaber, ich weiß… Entschuldigung an dieser Stelle… Ich wollte es nur rein sachlich schreiben.)
So und 2019 sind die 25 Jahre nun um… Ich weiß, dass meine Oma regelmäßig zu seinem Grab fährt und es pflegt. Ich war seit Jahren nicht da. Nicht weil mein Opa mir egal ist, sondern einfach weil ich Friedhöfe nicht mag. Es ist für mich kein Ort zum Tod-sein. Es ist so eng, erdrückend, nebeneinander, akurat, künstlich angelegt. Wie in einem Hochhaus, Tür an Tür oder in einem Krankenhaus, Bett neben Bett.
Ich stell mir das anders vor.. Nämlich dass ich nach meinem Tod die absolute Freiheit habe und möchte meine körperlichen Überreste dann auch an so einem freien Ort hinterlassen wissen. Ich persönlich möchte auf dem Meer sein. Ich möchte der Wind sein, der den Seglern Freude bereitet, die Kites in die Luft steigen lässt, den Windsurfern so richtig Speed gibt und den Leuten durch die Haare weht. Und ich möchte das Wasser sein… Weit, tief, unbeherrscht, Leben spendend und frei.
Ja so was irgendwie… So stell ich mir das vor…

gut gesichert… bis zum Stoller Grund

So und da wir unseren letzten Törn in Richtung Dänemark machen wollten, war klar, dass wir über den Stoller Grund segeln würden.
Das ist der Bereich auf der Ostsee, wo die Seebestattungen abgehalten werden.
Ich nahm mir vor, zum Andenken an meinen Opa, eine Rose für ihn ins Wasser zu geben.
Nach einer Unterhaltung mit meiner Mutter erfuhr ich, dass sein Grab nächstes Jahr zuende sein würde. Daraufhin schlug ich vor, dass das Grab nicht verlängert wird, sondern er nun einen neuen Ort bekommt. Wir können ihn dann immer am Strand besuchen und zu seinem Todestag können wir zu der genauen Position rausfahren. Meine Mutter fand die Idee ganz rührend und daraufhin schlug ich es meiner restlichen Familie vor. Alle fanden den Vorschlag schön. Sogar meine Oma war ergriffen und fand meine Aktion wunderbar.
Also kaufte ich am Tag vor dem Ablegen eine wundeschöne weiße Rose und nahm sie mit an Bord. Ich freute mich schon seit Tagen auf den Moment, wenn ich mit der Rose da stehe, meinem Opa ein paar Worte sage und ihn einlade nun wieder auf dem Wasser zu sein.
Ich denke eh oft an ihn, aber in den vergangenen Tagen habe ich sehr viel an ihn gedacht.

Dann war es soweit… Ich nahm die Rose und stellte mich an den Heckkorb. Ich war etwas aufgeregt und sagte etwas wie „Lieber Opa… ich lade dich ein wieder auf dem Wasser zu sein… Ich war nie mit dir segeln, trage die gemeinsame Leidenschaft weiter…“ Dann warf ich die Rose etwas hoch und ließ sie vom Wind ins Wasser tragen. Ich beobachtete sie noch einen Moment, schaute mich um und lächelte. Das fühlte sich so schön und fast schon etwas kitschig an…

Robert hat dies auch kurz vor mir getan. Er hatte allerdings keine Blume für meinen Opa ins Wasser geworfen, sondern für den vorherigen Bootseigner. Dieser war vor zwei Wochen verstorben und wurde an dieser Stelle beigesetzt. Er fand dies richtig und angemessen, als eine gute

Seemannschaft. Wir stimmten ihm einstimmig zu und fanden die Idee sehr wertschätzend und gut. Auch er stand am Heckkorb, sagte ein paar nette Worte und ließ dann die Blume ins Wasser.
Das war schön. Berührend und schön.

Nachdem wir dann unsere Blumen zu Wasser gelassen, unsere Worte den Verstorbenen gewidmet hatten und wieder auf Kurs Richtung Schleimünde waren, kam ein wundervoller und kräftig leuchtender Regenbogen direkt neben uns zum Vorschein. Dieser Moment war magisch und wir interpretierten ihn als gutes Omen

 
Und so sitze ich an Bord am Navi-Tisch, schreibe diesen Eintrag, während die Crew das Boot in den nächsten Hafen segelt. FANTASTISCH!!!
Was genau auf diesem Törn passiert und welche Situationen wir meistern, was wir erleben oder worüber wir lachen… das lest ihr dann nächste Woche.
Liebste Grüße, Kim

Mein Opa♥

Kim

Das ist Kim, eine segelbegeisterte, lebensfrohe und energievolle Frau, die den Schritt zum eigenen Boot wagt. Die gute Irmi scheint ihr als angemessenes Geschenk zum 30. Geburtstag (2018). Was sie so erlebt, repariert, testet, sich ausdenkt und zu berichten hat schreibt sie auf, dreht sie Videos von, hält sie in Bildern fest und spricht sie in ihrem Podcast ein. Manchmal ist sie allein, öfter hat sie ihre Freunde oder interessante Menschen an Bord. Immer ist irgendwas los, es wird nie langweilig!!!Sie hat den großen Traum um die Welt zu segeln... bis dahin sammelt sie Erfahrungen auf der Ostsee oder wo sie hin eingeladen wird. Weitere Wassersportarten werden ausprobiert und finden ggf. einen Platz in ihrem Repertoire. Sie genießt das Leben und nimmt Dich ein Stück mit... Ihre Devise: "Gib`nicht auf, sondern kämpfe für deine Träume und dann SPRING` einfach! Sturm oder Flaute - der Segelblog für Alle!

0 Comments

  1. Eine schöne Idee und eine tolle Aktion. Alles richtig gemacht! Ich bin kein gläubiger Mensch, zumindest nicht im Sinne von fragwürdigen, irdischen "Glaubensvertretern", aber ich glaube an solche Momente wie ihr sie erlebt habt. Es gibt eben Dinge/Momente die wir nicht oder zumindest noch nicht, verstehen, geschweige denn erklären können.

    Und wo wir gerade bei glauben sind … ICH glaube, die Liebe zum Wasser ist wie ein Virus, den man sich irgendwann "eingefangen" hat. Im positivsten Sinne natürlich, aber eben unheilbar … zum Glück! Ein Leben ohne Meer und Wind ist prinzipiell möglich, jedoch absolut sinnlos!

    Macht weiter so und lebt Euren Traum! Es kann nur richtig sein … ����

    LG
    Markus

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